

Der Ernährungsrat des Rhein-Kreises Neuss hat uns – Bündnis 90/Die Grünen – um eine Stellungnahme zu zentralen Themen rund um Ernährung, fairen Handel, regionale Landwirtschaft und Bildung gebeten. Als Grüne setzen wir uns seit vielen Jahren dafür ein, Ernährungspolitik nicht nur als Privatangelegenheit, sondern als Teil einer sozialen, ökologischen und gemeinwohlorientierten Stadtentwicklung zu verstehen.
Denn Ernährung betrifft uns alle – jeden Tag. Sie entscheidet über unsere Gesundheit, über das Klima, über das Tierwohl und über die Zukunft unserer Landwirtschaft. Deshalb wollen wir dafür sorgen, dass gutes Essen in Dormagen für alle Menschen zugänglich ist: gesund, bezahlbar, regional und fair.
Wir bedanken uns herzlich für die Initiative des Ernährungsrats – und verstehen unsere Antworten als Teil eines gemeinsamen Weges hin zu einer zukunftsfähigen Ernährungskultur in Dormagen:
Im Jahr 2019 hat der Rat der Stadt Dormagen auf Initiative von Bündnis 90/Die Grünen eine umfassende Nachhaltigkeitsstrategie verabschiedet, die sich ausdrücklich auf die Sustainable Development Goals (SDGs) der Vereinten Nationen bezieht. Insbesondere die Ziele 1 (Keine Armut), 3 (Gesundheit und Wohlergehen) und 12 (Nachhaltiger Konsum und Produktion) sind für uns im Bereich Ernährung besonders relevant. Deshalb beziehen wir Stellung zu folgenden Themen – mit einem klaren Blick auf die nachhaltige Entwicklung Dormagens:
1. Trinkwasserbrunnen/Wasserspender:
Wir setzen uns dafür ein, dass mehr öffentliche Trinkwasserbrunnen und Wasserspender im gesamten Stadtgebiet installiert werden – insbesondere an Schulhöfen, Spielplätzen und zentralen Orten in allen Stadtteilen. In Zeiten zunehmender Hitzebelastung ist das ein konkreter Beitrag zum Gesundheitsschutz und zur Klimaanpassung. In der aktuellen Ratsperiode haben wir mit einem Antrag dafür gesorgt, dass drei Trinkwasserbrunnen in Dormagen beschlossen wurden.
2. Versorgung mit Trinkwasser sichern:
Trinkwasser ist ein hohes Gut. Wir wollen die nachhaltige Grundwassernutzung stärken, die Wasserquellen langfristig sichern und mit der Energieversorgung Dormagen (EVD) eine vorausschauende Versorgungsstrategie weiterentwickeln. Auch Bildung und Aufklärung zum sparsamen Umgang mit Wasser gehören für uns dazu.
3. Maßnahmen zur Ernährungssouveränität:
– Maßnahme 1 – Essbare/insektenfreundliche Bepflanzung:
Wir befürworten, dass mindestens 50 % aller Neupflanzungen auf öffentlichen Flächen mit essbaren oder insektenfreundlichen Pflanzen erfolgen. Erste positive Beispiele in Dormagen zeigen das Potenzial – wir wollen diese Praxis verstetigen und systematisch ausbauen.
– Maßnahme 2 – Urban Gardening in jedem Stadtteil:
Gemeinschaftsgärten und essbare Stadtteile bringen Menschen zusammen, fördern Umweltbewusstsein und stärken regionale Versorgung. Wir möchten in jedem Stadtteil mindestens ein solches Projekt ermöglichen – mit Unterstützung von Verwaltung und Zivilgesellschaft. Auch die Ausweisung von zusätzlichen Flächen für Kleingartenanlagen mit günstigen Pachtzinsen sind als grüne Oasen eine Option, die wir uns sehr gut vorstellen können.
– Maßnahme 3 – Unterstützung von Gemeinschaftsbeeten:
Wir begrüßen es sehr, wenn Langzeitarbeitslose, Geflüchtete oder Ehrenamtliche bei der Pflege von Gemeinschaftsbeeten einbezogen werden – das fördert Teilhabe und schafft soziale Bindung. Wir setzen uns dafür ein, dass entsprechende Strukturen gefördert werden.
4. Fairer Handel in der Verwaltung:
Dormagen ist bereits „Fairtrade-Stadt“ – dieses Engagement möchten wir weiter ausbauen. Wir setzen uns dafür ein, dass in der Verwaltung sowie bei städtischen Veranstaltungen fair gehandelte Produkte bevorzugt zum Einsatz kommen, wo immer das möglich ist.
5. Mehr ökologische Landwirtschaft:
Wir wollen die Rahmenbedingungen so gestalten, dass sich mehr landwirtschaftliche Betriebe ökologisch ausrichten können – z. B. durch gezielte Flächenverpachtung, Beratung, bessere Vermarktungswege und politische Unterstützung bei Zertifizierungsprozessen. In der aktuellen Ratsperiode haben wir dafür gesorgt, dass gemäß der Nachhaltigkeitsstrategie die städtischen Pachtverträge für landwirtschaftliche Flächen ökologischer ausfallen.
6. Aufbau eines Food Hubs:
Wir befürworten die Einrichtung eines regionalen Food Hubs im Rhein-Kreis Neuss – als Logistikdrehscheibe für regionale Produzent:innen, den Einzelhandel, Gastronomie und Gemeinschaftsverpflegung. Wir stehen bereit, diesen Aufbau politisch zu unterstützen.
7. Regionale Vermarktung stärken:
Wir möchten den Wochenmarkt Dormagen weiterentwickeln, z. B. mit Abendmärkten oder Hofläden in Stadtteilen, und setzen uns für eine stärkere Präsenz regionaler Anbieter in der Gastronomie ein – mit neuen Netzwerkangeboten für Landwirt:innen und Gastronom:innen.
8. Ernährungsstrategie in der Stadt:
Wir setzen uns für eine konkrete Ernährungsstrategie im Rahmen der Dormagener Nachhaltigkeitsstrategie ein – gemeinsam entwickelt mit lokalen Initiativen, Schulen, Vereinen, Kitas und der Landwirtschaft. Wir möchten gesundes, faires und klimafreundliches Essen stärker in den Bildungseinrichtungen sehen.
9. Fairer Handel in der Bildungslandschaft:
Wir möchten globale Gerechtigkeit, faire Produktionsbedingungen und nachhaltigen Konsum stärker in der Bildungsarbeit verankern – z. B. durch Projekttage, Kooperationen mit Eine-Welt-Initiativen und die Integration in den Unterricht an Schulen und Kitas.
10. Schutz landwirtschaftlicher Flächen:
Wir setzen uns dafür ein, dass landwirtschaftliche Nutzflächen erhalten bleiben und die Innenentwicklung Vorrang vor neuer Flächenversiegelung bekommt. Daher wurde von uns in der aktuellen Ratsperiode eine Flächenrücknahme von Wohnbauflächen Flächennutzungsplan unterstützt und politisch beschlossen.
11. Ausbau landwirtschaftlicher Flächen / Selbstversorgung:
Durch gezielte Maßnahmen wie kommunale Flächenverpachtung an lokale Betriebe, Unterstützung solidarischer Landwirtschaft und Bildungskooperationen wollen wir die regionale Lebensmittelproduktion stärken.
12. DGE-Qualitätsstandards für Schul- und Kitaverpflegung:
Wir unterstützen die verbindliche Einführung der DGE-Qualitätsstandards bis spätestens 2030. Damit alle Kinder gesund versorgt werden, streben wir bereits in dieser Wahlperiode eine Umsetzung in städtischer Trägerschaft an.
13. Ausschreibungen an DGE-Standards binden:
Ja, wir setzen uns weiterhin dafür ein, dass in allen Vergabeverfahren zur Verpflegung von Schulen und Kitas der DGE-Standard verbindlich festgelegt wird.
14. Beitragsfreies Schul- und Kitaessen:
Wir wollen ein kostenfreies Schul- und Kitaessen für alle Kinder – in guter Qualität und frei von Stigmatisierung.
15. Ernährungsbildung in Kitas und Schulen:
Wir setzen uns für die systematische Verankerung von Ernährungsbildung ein – z. B. durch Schulgärten, Lernbauernhöfe und Projekttage.
16. Aktivierung von Bildungsakteur:innen:
Wir wollen pädagogisches Personal stärken, weiterbilden und vernetzen – damit Ernährung nicht als Zusatz, sondern als Teil ganzheitlicher Bildung verstanden wird.
17. Schulgärten und Kräuterbeete:
Jede Kita und jede Schule sollte die Möglichkeit haben, ein eigenes Beet für Obst, Gemüse oder Kräuter anzulegen – begleitet durch Umweltpädagogik.